Destillation - Pot Stills & more

 

Weltweit gibt es viele verschiedene Arten von Brennblasen, so genannte Stills. Große, seltsam kleine, solche mit langem Hals, mehrstöckige, indirekt oder direkt befeuerte, Hybrid Stills und Lomond Stills. Eine der wichtigsten Unterscheidungen in der Welt der Destillationsanlagen ist jedoch die zwischen batchweise arbeitenden Pot Stills und kontinuierlichen Säulen- oder Coffey Stills. Sehen wir uns die zahlreichen Varianten mal genauer an.

 

Wenn man sich mit den Vorgängen der Destillation etwas eingehender beschäftigt, fällt einem zuallererst auf, dass sich der Prozess im Laufe der Jahrhunderte nur wenig verändert hat. Zugegeben, die Destillationsapparate mögen heutzutage – im Vergleich zum 18. oder 19. Jahrhundert – zum Teil deutlich größer anmuten, aber im Wesentlichen bleibt das Geschäft mit der Herstellung von Whisky doch so, wie es schon immer war. Im einfachsten Fall verwandelt eine Brennerei ein geschmacklich eher flaches, mäßig starkes und nicht gehopftes Bier (engl. wash) in einen Feinbrand, dem new make spirit, indem sie es erhitzt, die Dämpfe verflüssigt, sprich kondensiert und wieder auffängt. Das System funktioniert, weil die Bestandteile der Wash – einschließlich der guten und schlechten, mitunter gar giftigen Alkohole – unterschiedliche Siedepunkte haben. Während sich jeder von ihnen in Dampf verwandelt und den Hals der Brennblase hochsteigt, kann der Destillateur (engl. stillman) diejenigen Dämpfe nach deren Kondensation sammeln, die er zu behalten beabsichtigt, und den Rest verwerfen. Klingt nach einer jahrhundertelang bewährten Tradition und eigentlich ganz einfach. Doch das Geheimnis steckt, wie so oft, im Detail. Man kann nämlich auf unterschiedliche Art und Weise, sprich mit verschiedensten Apparaten und Formen, diese Trennung von guten und schlechten, von gewünschten und unerwünschten, von aromatischen und übelriechenden Geruchs- und Geschmacksstoffen erzielen. Je nachdem, welchen Brennapparat man zur Destillation einzusetzen beabsichtigt: eine Pot Still, Säulen- oder Coffey Still, Hybrid Still oder Lomond Still. Jede der hier erwähnten Technologien hat unterschiedliche Eigenschaften, die massiven Einfluss auf den Feinbrand und somit auf den späteren Whisky nehmen können. Sehen wir uns diese Wunderwerke der Technik doch mal genauer an.

 

Pot Stills

Jeder, der schon einmal eine schottische, irische oder japanische Whisky-Brennerei besucht hat, kennt sie, die mehr oder weniger großen, in der Regel polierten, daher meist glänzenden kupfernen Brennkesseln: die Pot Stills. Malt Whisky und der traditionelle irische Whiskey – der Pure Pot Still – werden grundsätzlich in ihnen gebrannt. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um einen Topf (engl. pot), der mit einem nach oben schmaler werdenden Rohr (Hals) verbunden ist und am oberen Ende eine Krümmung – den Schwanenhals (engl. swan neck) – besitzt, aus dem dann ein ebenfalls verjüngtes Rohr (engl. lyne arm oder lye pipe) in eine wie auch immer geartete Kühleinheit mündet. Im Prinzip gibt es drei verschiedene Formen von Pot Stills. Die meisten sind grob zwiebelförmig (mit oder ohne kugelförmigen Aufsatz), einige laternenförmig und andere wiederum haben eine Birnenform. Form und Größe einer Pot Still haben jedoch einen entscheidenden Einfluss auf den Charakter des New Make Spirits. Während der Topf, also der untere Teil der Brennblase im Wesentlichen ein Behälter für die zu destillierende Flüssigkeit darstellt und das entstehende Destillat weitgehend unbeeinflusst lässt, ist der obere Bereich der Destille – Hals und Kopf, der sog. Rückflussbereich – derjenige, der massiven Einfluss auf den Charakter des Feinbrandes nimmt. Daher erscheint es nur logisch, dass jede Destillerie Brennblasen mit identischen Formen besitzt, um einen Feinbrand mit den immer wieder gleichen Eigenschaften zu bekommen. Einige Brennereien haben dabei identische oder zumindest sehr ähnlich geformte Pot Stills für die einzelnen Destillationsgänge, während andere wiederum eine größere Vielfalt aufweisen. Es ist dieser individuelle, für jede Brennerei spezifische Ansatz, der jedem Single Malt seinen Charakter verleiht – seine DNA. Daher gilt: „Never change a running system!“ Soll heißen: Kein einziger Stillman würde es wagen, an dem Design der Brennblasen herumzuspielen und den einzigartigen Charakter seines Whiskys zu verändern oder gar für immer zu verlieren. Die ursprüngliche Form einer Brennblase mag zwar zufällig entstanden sein, wird aber vom Kupferschmied immer dann originalgetreu nachgebaut, wenn sie im Laufe der jahrelangen Abnutzung ersetzt werden muss.

 

Wash und Spirit Stills

Der Brennvorgang in einer Pot Still läuft batchweise, sprich diskontinuierlich ab, da immer nur eine Charge nach der anderen eingefüllt und destilliert werden kann. Nach Ende der Destillation muss die kupferne Brennblase geleert und sorgfältig gereinigt werden, ehe sie mit der nächsten Ladung Wash oder Low Wines erneut befüllt werden kann. Abgesehen von einigen Ausnahmen (z.B. Glengoyne, Macallan, Lindores Abbey Distillery) sind in den meisten Brennereien die Pot Stills für die erste und zweite Destillation paarweise angeordnet, müssen jedoch nicht – wie bei Aberlour, Glen Elgin oder Glenrothes – alle die gleiche Form aufweisen. Bei der ersten Destillation in der Wash-Still werden chemische Verbindungen und Geschmacksstoffe – u.a. Alkohole, Säuren und Ester – von den Heferückständen, anderen Verunreinigungen und einer großen Menge Wasser abgetrennt. Der Prozess beginnt, wenn sich die Temperatur in der Brennblase der Marke von 78°C nähert, dem Siedepunkt des Trinkalkohols Ethanol, neben Wasser der Hauptbestandteil der Wash. Während diese fermentierte Flüssigkeit erhitzt wird, verdampfen die Alkohole und anderen Verbindungen, steigen hoch bis zum Hals der Pot Still auf, passieren das Swan Neck sowie den nachfolgenden Lyne Arm und erreichen schließlich den Kondensator. Man erzielt damit eine Aufkonzentrierung der fermentierten Flüssigkeit von anfangs etwa 5-8 Vol-% auf nunmehr durchschnittlich 20-25 Vol.-% Ethanol. Anschließend werden Vor- und Nachlauf aus dem vorangegangenen zweiten Destillationsgang hinzugegeben – die Gesamtalkoholstärke steigt damit auf gut 28-30 Vol.-% – und in der zweiten Brennblase, der Spirit Still, erneut destilliert. Hier wird, im Gegensatz zur Wash Still, in Fraktionen gesammelt, sprich: Der hochalkoholische und zum Teil auch giftige Vorlauf wird ebenso wie der schwach alkoholische, aber weitgehend ungenießbare Nachlauf vom Herzstück des Destillationslaufes, dem Mittellauf (engl. heart of the run), abgetrennt. Die Spirit Still ist in der Regel (meist deutlich) kleiner als die Wash Still, die ja bereits einen großen Teil Wasser während der ersten Destillation abgetrennt hat, und so allein durch ihre Größe für den Brennereibesucher meistens sofort erkennbar ist. Doch es gibt Ausnahmen: Bei Glenrothes in der Speyside sind die Größenverhältnisse genau andersherum. Hier sind die fünf Spirit Stills mit einem Fassungsvermögen von je 25.400 Liter im Vergleich zu den fünf je 22.990 Liter fassenden Wash Stills in der Tat um etwa 10 Prozent größer. Ebenfalls um ca. 10 Prozent größer sind die Spirit Stills bei Dailuaine im Vergleich zu den eingesetzten Wash Stills. Wohlgemerkt, wir sprechen hier von den maximalen Kapazitäten, rein theoretischen Werten also, die von den tatsächlichen Füllvolumina – in der Praxis werden die Brennblasen nur zu etwa zwei Drittel bis drei Viertel befüllt – abweichen.

 

Größe und Form, Boil Ball und Purifier

Wie bereits erwähnt, tragen die Größe und Form der Pot Still entscheidend zum Geschmack des späteren Whiskys. Dies liegt an der unterschiedlichen Kontaktzeit der aufsteigenden Dämpfe mit dem Brennblasenmaterial Kupfer. Während Brennblasen mit einem langen Hals (z.B. Glenmorangie) einen feineren, leichteren Spirit erzeugen, haben bei kürzeren Brennblasen wie z.B. bei Macallan und Balmenach die schwerer flüchtigen, höher siedenden Verbindungen als Dampf eher die Möglichkeit, den Lyne Arm und Kondensator zu erreichen und ergeben so ein volleres, reichhaltigeres Destillat. Einige Stills haben eine kurz über dem Topf in den Hals eingearbeitete, ball- oder kugelförmige Ausbuchtung (engl. boil ball, auch Miltonball genannt) – wie z.B. GlenDronach, Balvenie oder Glen Keith – oder eine kragenförmige Einbuchtung, wie bei Glenlivet oder Nc‘nean. Beide haben das gleiche Ziel: Durch diese eingebauten Schikanen helfen sie, die aufsteigenden Dämpfe zu kühlen, so dass schwerer flüchtige Stoffe kondensieren und als Rückfluss wieder zurückfallen. Vereinzelt werden auch wassergekühlte Purifier eingesetzt, wie bei Glen Grant, Glen Spey oder Strathmill. Diese gedrungenen Kupferzylinder werden zwischen Lyne Arm und Kondensator eingebaut, lassen ebenfalls die schwereren Dämpfe kondensieren und führen sie über ein Verbindungsrohr als Flüssigkeit wieder zurück in die Brennblase, so dass am Ende nur die leichtesten Dämpfe in den Kondensator gelangen.

 

Lyne Arm und Worm Tubs

Brennblasen unterscheiden sich zudem im Winkel des Lyne Arms, genauer gesagt im Knickwinkel des Schwanenhalses. Einige Lyne Arme sind ansteigend (Allt a Bhainne, Braeval, Glencadam), was den Rückfluss der schwereren Dämpfe fördert; andere wiederum sind horizontal (Auchroisk) oder zeigen nach unten (Strathisla, Lagavulin) und kondensieren daher alle Dämpfe, die es bis dahin geschafft haben. Dann gibt es noch welche, die gar S-förmig (Tobermory) oder U-förmig (Talisker) sind. Die einzigen, aber dennoch wichtigen Entwicklungen in der Destillationstechnologie in den letzten 50 Jahren waren die Art und Weise, wie die Brennkessel erhitzt und die alkoholischen Dämpfe wieder kondensiert wurden. Ab den 1960er Jahren stattete man fast alle Brennblasen mit einer internen Dampfheizung aus, d.h. sie wurden indirekt mit einer zentralen, mit Öl oder Gas betriebenen Heizungsanlage erhitzt. Einige wenige Brennereien, darunter Glenfiddich, Glenfarclas und Springbank, schwören aber nach wie vor auf die traditionelle direkte Befeuerung mit Kohle oder Gas. Dabei verhindern schwere, am Boden sich drehende Kupferketten – so genannte Rummager – im Inneren der Pot Still, dass Ablagerungen von Proteinen und anderen Feststoffen anbrennen und dadurch unerwünschte Aromen freisetzen können. Die andere technische Weiterentwicklung im 20. Jahrhundert war der teilweise Austausch der Schlangen- oder Schneckenrohre (engl. worm tubs) zugunsten der energieeffizienteren und auch platzsparenden Rohrbündelkondensatoren. Doch nicht wenige Brennereien – darunter Benrinnes, Craigellachie, Oban und Talisker – beharren weiterhin auf die herkömmliche Art der Dampfverflüssigung.

 

Mindestens zweimal

Scotch Malt Whisky wird in der Regel zweimal in den Pot Stills destilliert. Doch gibt es auch hier wiederum einige Ausnahmen. Auchentoshan besitzt neben der Wash- und Spirit Still eine weitere Brennblase, die dazwischen geschaltet ist: die so genannte Intermediate oder Feints Still. Diese Lowland Brennerei nördlich von Glasgow ist die einzige in Schottland, die zu 100 Prozent dreifach destilliert. Feints- und Spirit Still arbeiten dabei gleich, d. h. in beiden Fällen werden Vor- und Nachlauf abgetrennt und nur der Mittellauf weiterverarbeitet. Und man lese und staune: Sogar ein Bourbon aus den USA, der Woodford Reserve Kentucky Straight Malt Whiskey, wird dreimal in Pot Stills gebrannt. In Irland hingegen ist das ein ganz gewohntes Bild. In der Heimat der dreifachen Destillation gibt es keine größere Konzentration von Brennereien, die dieses Verfahren anwenden (u.a. Tullamore DEW, Walsh Whiskey Distillery, Bushmills, Midleton). Bei Cooley hingegen begnügt man sich für den rauchigen Connemara Single Malt Whiskey mit einem zweifachen Brennvorgang. Springbank in Campbeltown auf der schottischen Halbinsel Kintyre stellt mit einer Wash Still und zwei Spirit Stills neben den Marken Longrow (zweifach destilliert) und Springbank (2,5-fach) auch den dreifach gebrannten Hazelburn her und Bruichladdich hat 2006 mit dem X4 gar einen vierfach gebrannten, hochprozentigen Spirit auf den Markt gebracht. Eine weitere Besonderheit stellt die Speyside Brennerei Mortlach dar. Manche sagen, dass bei Mortlach 2,7-mal destilliert wird, aber 2,81 ist die offizielle Zahl. Diese krumme Zahl hängt mit der Art und Weise zusammen, wie die sechs Pot Stills – je drei Wash- und Spirit Stills in unterschiedlichen Formen und Größen – miteinander operieren und welche Destillate – Mittellauf oder unfraktioniert – schlussendlich vereint werden. Zugegeben, ein komplexes Prozedere, aber nur so erhält man den gehaltvollen, äußerst fleischigen, schwefelhaltigen Spirit, der im Volksmund als das „Biest von Dufftown“ bekannt ist.

 

Alambic oder Hoga Stills

Schottische Malt Whisky Destillerien beherbergen eine Vielzahl von Pot Stills in unterschiedlichen Formen und Größen. Das Volumen variiert von der mit 35.386 Liter größten Wash Still bei Bunnahabhain bis hin zur gerade mal 500 Liter fassenden Spirit Still bei Strathearn. Letztere ist jedoch eine besondere Form, aus der sich mit der Zeit die Pot Still weiterentwickelt hat: ein so genannter Alambic. Generell handelt es sich bei einem Alambic um die ursprüngliche Form einer Brennblase, wie sie weit vor der Destillation von Alkohol zu Genusszwecken im beginnenden 15. Jahrhundert bereits zur Herstellung von Medizin oder Parfum benutzt wurde. Dieser traditionelle Destillationsapparat kommt heute noch hauptsächlich in Frankreich bei der Herstellung von Cognac oder Calvados im Pays d’Auge zum Einsatz. Wenn bei Strathearn gelegentlich von einer „Hoga-Still“ die Rede ist liegt es daran, dass als Namensgeber dieser kleinen, handgefertigten Alambic-Brennblase der spanische Hersteller Hoga Company Copper Pot Still in Galizien fungiert. Hoga Stills sind billiger als herkömmliche Pot Stills und schneller lieferbar. Während beim Branchenprimus Forsyths Wartezeiten von bis zu vier Jahren in Kauf genommen werden müssen, kann der spanische Hersteller die kleinen Stills innerhalb weniger Monate herstellen und liefern. Der Ansatz mit den kleinen Brennblasen vom Alambic-Typ bei Strathearn inspirierte auch die Eden Mill Brennerei sowie die japanische Nagahama Distillery, die nun ihrerseits Spirit in Hoga Stills herstellen. Mit dem Aufkommen der Mikro- oder Craft-Destillerien vor allem in den USA, aber auch in Schottland, Japan und anderen Ländern erlebt der Alambic eine wahre Renaissance.

 

Column oder Coffey Stills

Natürlich müssen wir an dieser Stelle auch auf die großen Brennsäulen eingehen, die bei den Single Malt Enthusiasten so ganz und gar nichts an vergleichbarer Romantik einer Malt Whisky-Brennerei aufkommen lassen, sondern ihren Aussehen nach eher wie eine Ölraffinerie anmuten. Diese kontinuierlich betriebene Destillationsanlage hat viele Namen: Column-, Coffey, Patent- oder Continuous Still. In Schottland werden in ihnen die Kornbrände – die Grain Whiskys, hergestellt aus unterschiedlichen Getreidearten (Mais, Weizen, etc.) – produziert. Im Jahr 1808 stellte der Franzose Jean-Baptiste Cellier-Blumenthal die erste praktikable kontinuierliche Brennanlage vor, die in Schottland von Robert Stein verbessert und von dem gebürtigen Iren Aeneas Coffey weiter optimiert wurde. Bei dem Säulenbrenn- oder Rektifizierverfahren besteht der Brennapparat vereinfacht aus zwei miteinander verbundenen Säulen, die aufgrund ihrer Funktion als Analyser und Rectifier bezeichnet werden. Das Verfahren ist dabei so einfach wie genial: Die Wash strömt durch ein Rohr, welches sich von oben nach unten durch den Rectifier schlängelt, wird dabei durch aufsteigendem Dampf indirekt erhitzt und dann von oben in den Analyser gepumpt. Gleichzeitig strömt von unten heißer Wasserdampf in den Analyser und steigt nach oben. In ihrem Inneren besitzt die Säule horizontal liegende perforierte Platten, so genannte Lochbleche, durch die der Wasserdampf aufsteigen, die Wash jedoch nicht hindurchtröpfeln kann. Vielmehr läuft die fermentierte, heiße Flüssigkeit über jede Platte auf die andere Seite, fließt dann auf die nächste, darunterliegende Platte, diese entlang, hinab zur nächsten und so fort. Wenn der aufsteigende Dampf auf die Wash trifft, verdampfen die in ihr enthaltenen Alkohole und anderen flüchtigen Stoffe, während das Wasser und die festen Bestandteile nach unten tropfen und am Boden des Analysers ausgetragen werden. Die heißen alkoholischen Dämpfe werden über ein Rohrsystem unten in den Rectifier eingeleitet, steigen weiter nach oben und kondensieren an den kühleren Rohren der Wash-Zuführung. Während der Feinbrand auf einer bestimmten Höhe des Rectifiers in der gewünschten Stärke und Qualität abgenommen und durch einen Kühler in den Sammeltank geleitet wird, kann man die schwereren Alkoholdämpfe am Boden der Säule entnehmen und in den oberen Teil des Analysers zurückführen. Die leichten Alkohole hingegen verlassen mit dem Dampf das obere Ende des Rectifiers und werden über ein Rohrsystem ebenfalls in den Dampfkreislauf zurückgeführt. Mit einer derartigen kontinuierlichen Brennanlage lassen sich Destillate mit einem maximalen Alkoholgehalt von knapp 95 Vol.-% erzielen. Um noch einigermaßen Aroma- und Geschmacksstoffe mitzunehmen, wird Grain Whisky in der Regel mit einem Alkoholgehalt zwischen 70 und 80 Vol.-% destilliert.

 

Das kontinuierliche Brennverfahren in einer Column Still fand erstmals in der 1824 gegründeten, damit ältesten und heute größten Grain Distillery in Schottland Anwendung: Cameronbridge. Viele der besten Spirituosen der Welt werden auf Column Stills unterschiedlicher Größe hergestellt. Die großen Grain Whisky-Hersteller in den schottischen Lowlands verwenden diese kontinuierlichen Destillierapparate ebenso wie irische Brenner und nahezu alle großen Bourbon-Hersteller in den USA. In Irland wird in der Continuous Still sogar dreifach destilliert. Neben Analyser und Rectifier gibt es hier eine weitere Brennsäule, die so genannte Extractive Still. Damit entsteht ein feineres, mit 94 Vol.-% recht hochprozentiges Destillat.

 

Doubler und Thumper

In den USA folgen praktisch alle großen Hersteller heute einem System, bei dem die erste Destillation in einer einzelnen Säule mit eingebauten, perforierten Platten – Beer Still genannt – durchgeführt wird, welche mit einem speziell konstruierten Apparat – einem Doubler oder Thumper – verbunden ist. In ihnen werden die alkoholischen Dämpfe aus der Beer Still, die einen Alkoholgehalt von etwa 55-60 Vol.-% aufweisen, auf spezielle Art und Weise ein zweites Mal zu dem als High Wine oder Doublings bezeichneten Endprodukt destilliert. Während die alkoholischen Dämpfe aus der Beer Still zunächst kondensiert und in einem Doubler – im Wesentlichen eine zylinderförmige Pot Still – erneut destilliert werden, leitet man sie in einem Thumper direkt, also ohne vorherige Verflüssigung, von unten durch einen großen, mit Wasser – manchmal auch mit Wasser und Alkohol – gefüllten Kupferkessel. Dabei werden die schweren Dämpfe von den leichteren getrennt und somit der gewünschte Alkohol weiter konzentriert. Das Gerät verdankt seinem Namen dem klopfenden Geräusch, das es während der Arbeit macht, wenn eben heißer Dampf das Wasser mehr oder weniger stark aufwirbelt. Heute sind Thumper nur noch sehr selten zu finden (z.B. bei Bernheim und Brown-Forman), während Doubler häufiger eingesetzt werden.

 

Lomond Stills

Mitte der 1950er Jahre entwickelten der Chemieingenieur Alistair Cunningham und der Grafiker Arthur Warren bei der kanadischen Firma Hiram Walker & Sons einen Brennapparat mit der Fähigkeit, eine Vielzahl verschiedener Arten von Malt Whiskys herzustellen, um dem damals wachsenden Bedarf an Blends nachzukommen. Diese Brennblase hat den Boden einer typischen Pot Still, jedoch mit einem zylindrischen Hals und einem vertikal darüber angebrachten Kühlmantel. Im Inneren des Halses der Kolonne befinden sich drei bewegliche, perforierte Platten, die eine bessere Kontrolle über den Destillationsrückfluss ermöglichen: Für weniger Rückfluss kann in eine vertikale, für mehr in eine horizontale Position gedreht werden. Sogar der Lyne Arm lässt sich in seiner Neigung verstellen, um weiteren Einfluss auf den Rückfluss nehmen zu können. Die erste Brennblase dieser Art wurde 1956 in der Malt Whisky Brennerei Inverleven, die sich innerhalb des Grain Distillerie-Komplexes Dumbarton befand, installiert. Den resultierenden Spirit nannte man Lomond Whisky, was später zur Bezeichnung Lomond Still für diesen neuen Brennapparat führte. Das Experiment war zunächst erfolgreich, und die Kanadier installierten Lomond Stills in Glenburgie (um Glencraig zu produzieren), Miltonduff (um Mosstowie herzustellen) und Scapa. Doch diese in der Theorie verlockenden, zusätzlichen Freiheitsgrade beim Destillationsvorgang hatten in der Praxis so ihre Tücken. Auf den Platten bildeten sich Ablagerungen, sodass sich diese nicht mehr bewegen ließen und zeitaufwändige Wartungsarbeiten notwendig machten. Letztlich waren die Vorteile einer Lomond Still dahin, und so war es nicht verwunderlich, dass diese 1981 bei Miltonduff und Glenburgie durch konventionelle Brennblasen ersetzt wurden. Heutzutage sind sie in den Brennereien Schottlands nahezu völlig verschwunden. Bei Scapa ist noch eine Lomond Still als Wash Still im Einsatz, allerdings ohne die perforierten Platten im Inneren. Hingegen gab die 2015 in Fife gegründete Brennerei InchDairnie bekannt, zukünftig eine traditionelle Lomond Still einsetzen zu wollen.

 

Hybrid Stills

Wenn man sich nicht zwischen einer Pot Still oder Column Still entscheiden kann oder möchte, bietet eine Hybrid Destillationsanlage die Option „two in one“ an. Bei der so genannten Hybrid Still – oder auch Craft Still genannt – handelt es sich in der Regel um eine Kombination aus Pot- und Column Stills. Die Rektifikationssäule hat meist viele kleine Fenster und kann dabei auf den Topf aufgesetzt oder nebenstehend sein. Dies hat weniger mit der Produktqualität als mit der Raumhöhe und der Optik zu tun. Im ersten Fall hat man ähnlich wie bei einer Lomond Still eine Brennanlage, die unten die Form eines Topfes hat, auf dem eine kleine Column Still gesetzt wird. Der Reiz liegt darin, dass die Säule einzeln zuschaltbare, speziell aufeinander abgestimmte Kupferplatten besitzt. Wenn der Destillateur die Anlage als Pot Still laufen lassen möchte, kann er alle Platten in der Rektifikationssäule öffnen. Möchte man hingegen einen Spirit vom Bourbon-Typ erlangen, so werden die Platten entsprechend wieder hinzugeschaltet. Bei der anderen, vielleicht etwas eleganter anmutenden Variante stehen Pot- und Column Still separat und sind über Rohrleitungen, Instrumente und Umschaltventile miteinander verbunden. Unterschiedliche Ventilkombinationen erlauben unterschiedliche Prozesswege und Destillationseigenschaften. Die Hybrid Still – oftmals aus deutscher Produktion, z. B. von Arnold Holstein – ist also ziemlich flexibel und kann je nach Wunsch des Brenners verändert werden. Man findet sie vorwiegend in Start-ups oder kleinen Destillerien: Gerade in den Craft-Brennereien in den USA, aber auch in Deutschland sind sie äußerst beliebt.

 

Fazit

Alle die hier vorgestellten Destillationsapparate haben – jeder für sich – Vor- und Nachteile. Bleibt also zum Schluss die Frage, ob irgendeine Art der Brennblasen oder Form der Stills besser ist als die anderen? Nun, das hängt davon ab, ob man jemanden aus Schottland, Irland, Japan, den USA, Kanada, Deutschland oder einem anderen Land, in dem Whisky gebrannt wird, mit dieser Frage konfrontiert. Welche Marke diese Person entweder repräsentiert oder am liebsten trinkt und ob ein leichter oder doch eher ein schwerer und gehaltvollerer Whisky bevorzugt wird. Eine Debatte, die man am besten bei ein paar gemeinsamen Drams führen sollte…